Thermische Simulation mit konvektivem Wärmeübergang in Z88Aurora V5

Wie bereits in dem Artikel zur Theorie thermomechanischer Finite Elemente Analyse (https://fem-helden.de/theorie-thermo-mechanische-finite-elemente-analyse/) erläutert, ist es möglich konvektive Wärmeübergänge in Z88Aurora ab Version 5 abzubilden. Im Folgenden wird die reine thermische Simulation mit konvektivem Wärmeübergang in Z88Aurora V5 behandelt. Thermomechanische Simulationen sind ebenfalls möglich, sie finden automatisch statt, wenn gleichzeitig thermische und mechanische Randbedingungen aufgegeben werden.

Konvektion bezeichnet einen Wärmeübergang zwischen einer Oberfläche und dem Umgebungsmedium, beispielsweise Luft. Grundsätzlich wird hierbei zwischen erzwungener und freier Konvektion unterschieden. Die freie Konvektion entsteht lediglich durch einen Temperaturgradienten, während die erzwungene Konvektion eine Folge äußerer Strömungseinwirkung ist. Entscheidend für den Wärmeaustausch ist dabei unter anderem die Temperaturdifferenz zwischen der Temperatur auf der Oberfläche und der Umgebungstemperatur. Die Wärmestromdichte bei einem konvektiven Wärmeübergang lautet [1]:

 q = \alpha (T_{\infty} - T_{0})

Dabei stellt  \alpha den Wärmeübergangskoeffizienten dar, welcher nichtlineare Abhängigkeiten des konvektiven Wärmeübergangs vom Strömungsverhalten und den Materialeigenschaften des Umgebungsmediums enthält. Die Menge und Komplexität der Einflussgrößen für  \alpha führt dazu, dass in der Praxis in der Regel empirisch ermittelte Korrelationsgleichungen zur Beschreibung dieser Abhängigkeiten herangezogen werden. Dazu eignet sich die dimensionslose Nusselt-Zahl [1]:

  Nu = \frac{\alpha L_C}{\lambda_F}

Hier ist  \lambda_F die Wärmeleitfähigkeit des Fluids und  L_C eine charakteristische Länge, abhängig von der Oberfläche und Strömungsrichtung. Die Nusselt-Zahl ist im Fall der erzwungenen Konvektion abhängig von der Reynolds-Zahl und der Prandtl-Zahl. Bei freier Konvektion spielt die Grashof-Zahl eine Rolle anstelle der Reynolds-Zahl. Die Reynolds- und Grashof-Zahl charakterisiert das Strömungsverhalten des Fluids, während die Prandtl-Zahl die viskosen und thermischen Fluideigenschaften beschreibt [1].
Das Thermomodul in Z88Aurora benötigt für den Import von Bauteilen entweder eine reine Geometriestruktur oder eine FE-Struktur, welche ausschließlich aus Tetraedern und Hexaedern besteht und keine thermischen Randbedingungen besitzt. Diese werden analog zu mechanischen Problemstellungen in Z88Aurora aufgegeben. Im Thermomodul gibt das Randbedingungsmenü (Bild 1) die Möglichkeit Temperaturen, Wärmeströme, Wärmestromdichten oder eine Konvektion zu definieren. Die Temperatur kann dabei entweder in Kelvin oder in ° Celsius angegeben werden [1].

Abbildung 1. Thermische Randbedingungen in Z88Aurora

Bei einer Konvektionsrandbedingung ist die Eingabe des Wärmeübergangskoeffizienten sowie der Umgebungstemperatur notwendig. Bei der Definition des Materials muss zusätzlich die Wärmeleitfähigkeit vorgegeben werden. Zur Durchführung der thermischen Analyse stehen der direkte und mehrkernfähige PARDISO-Solver sowie die beiden iterativen Solver SICCG und SORCG zu Verfügung [1]. Das grundlegende Vorgehen in Z88Aurora V5 wird im Folgenden anhand der Wärmeabfuhr eines Behälters mit Kühlrippen demonstriert. Der in Bild 2 abgebildete Behälter hat einen rechteckigen Querschnitt und ist im Inneren hohl. Seine Wandstärke beträgt 40 mm. Die Kühlrippen verfügen über eine Dicke s von 50 mm, eine Höhe h von 200 mm und eine Länge l von 1000 mm [1].

Abbildung 2. Beispielbehälter mit Kühlrippen

Nachdem in Z88Aurora ein Projekt angelegt und die Strukturdaten importiert wurden, muss das Thermomodul ausgewählt werden. Dazu wird in der Menüleiste von „Lineare Festigkeit“ auf „Stationär Thermisch“ gewechselt. Als Material wird in diesem Beispiel ein Maschinenbaustahl E295 mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,054 W/mmK gewählt. Wichtig hierbei ist, dass das gewählte Material eine Wärmeleitfähigkeit angegeben hat, vergleiche Bild 3 [1].

Abbildung 3. Materialdaten von E295

Im nächsten Schritt sollen die Randbedingungen definiert werden. Dazu muss im Präprozessor zuerst unter „Set-Verwaltung“ die Schaltfläche „Picking“ gewählt werden. Hier werden Knoten-, Element-, oder Flächensets gepickt, abhängig von dem vorliegenden Anwendungsfall beziehungsweise den erforderlichen Randbedingungen und Lasten. In unserem Fall wird ein Knotenset für einen Wärmestrom sowie ein Flächenset für die Konvektionsrandbedingung benötigt. An allen Innenflächen des Behälters wird ein Wärmestrom über 50 kW aufgebracht, welcher auf alle Knoten der Innenflächen verteilt wird. Dazu dient die Randbedingung „Wärmestrom (verteilt)“. Das hierfür erforderliche Knotenset ist in Bild 4 zu sehen [1].

Abbildung 4. Knotenset für den Wärmestrom an den Innenflächen

In Bild 5 ist die zugehörige Randbedingung abgebildet. Um thermische Randbedingungen vorzugeben, muss im Randbedingungsmenü des Präprozessors zuerst die Ansicht von „mechanisch“ auf „thermisch“ gewechselt werden. Hier werden nun für den Wärmestrom das zuvor entsprechend gepickte Knotenset und alle Richtungen und Rotationen angewählt [1].

Abbildung 5. Randbedingung: Wärmestrom

Zur Definition einer Konvektionsrandbedingung wird im Gegensatz zum Wärmestrom ein Flächenset benötigt. Da die Konvektion an den Außenflächen des Modells wirkt, werden diese in ein gemeinsames Flächenset gepickt (siehe Bild 6) [1].

Abbildung 6: Flächenset für die Konvektion an den Außenflächen

Die Konvektion wird für dieses Beispiel, wie in Bild 7 zu sehen, bei einer Umgebungstemperatur T0 = 20° C und einem Wärmeübergangskoeffizienten  \alpha = 1e-3 W/mm^{2}K aufgegeben. Dazu werden, wie bereits bei dem Wärmestrom, das entsprechende Flächenset sowie alle Richtungen und Rotationen angewählt [1].

Abbildung 7. Randbedingung Konvektion

Zur Berechnung wird in diesem Beispiel der direkte Solver „PARDISO“ gewählt, in welchem keine weiteren Einstellungen vorgenommen werden müssen [1].
Im letzten Schritt wird im Postprozessor der Temperaturverlauf grafisch dargestellt. Dies ist in Bild 8 zu sehen.

Abbildung 8. Temperaturverlauf im Bauteil

Diese Simulationsergebnisse können nun in nachfolgenden Schritten in der Produktentwicklung verwendet werden. Wir hoffen, diese kleine Einführung hat euch gefallen und ihr könnt die hier gelernten Dinge erfolgreich für eure eigenen Simulationen verwenden!

Literatur
[1] F. Rieg, R. Hackenschmidt und B. Alber-Laukant, Finite Elemente Analyse für In-genieure: Grundlagen und praktische Anwendungen mit Z88Aurora, 6. Aufl. München: Hanser, 2019.

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