Theorie: thermo-mechanische Finite Elemente Analyse

In vielen Bereichen sind Bauteile nicht nur starken mechanischen, sondern zudem auch hohen thermischen Beanspruchungen ausgesetzt. Hohe Bauteil- oder Umgebungstemperaturen haben einen entscheidenden Einfluss auf die Verformung und Haltbarkeit von Bauteilen. Die Finite Elemente Analyse bietet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit beide Beanspruchungsarten, thermisch und mechanisch, gemeinsam zu berücksichtigen, um genauere Aussagen zur Funktionsfähigkeit und Festigkeit der jeweiligen Bauteile treffen zu können.

Betrachten wir zunächst die generellen Grundlagen der Temperaturfeldberechnung, eher wir uns einem Beispiel in Z88Aurora V5 widmen:

Die Thematik der Wärmeübertragung ist komplex und immer noch Gegenstand der Forschung, da es eine Vielzahl von Einflussparametern und Effekten gibt. Grundsätzlich kann Wärme auf drei unterschiedliche Arten übertragen werden, nämlich durch Wärmeleitung, Konvektion und Wärmestrahlung. Der Einfachheit halber soll sich in den folgenden theoretischen Darstellungen auf die Wärmeleitung als Wärmeübertragungsmechanismus beschränkt werden, wobei grundsätzlich gilt, dass alle Mechanismen in der FEA berücksichtigt werden können. In Z88Aurora V5 lassen sich bisher Wärmeleitungs- und Konvektionsvorgänge abbilden.

Grundsätzlich gilt, dass sich ein Wärmestrom nur aufgrund eines Temperaturunterschieds bildet. Für eine Berechnung der durch reine Wärmeleitung übertragbare Leistung im eindimensionalen, stationären Fall gilt das Wärmeleitungsgesetz nach Fourier

q_x = - \lambda_x \frac{\delta T}{\delta x}

wobei hierbei die Wärmeleitfähigkeit λx und der Temperaturgradient \frac{\delta T}{\delta x} in die Berechnung der Wärmestromdichte qx mit eingehen. Dieses Gesetz besagt, dass die Wärmestromdichte proportional zum Temperaturgradienten ist.

Durch diese Gleichung lässt sich vereinfacht die Temperaturverteilung in einfachen Bauteilen analytisch berechnen. Aber wie funktioniert dies nun in der FEA?

Vernachlässigt man interne Wärmequellen und lässt man auch instationäre Vorgänge außer Betracht, so lässt sich die Wärmeleitungsgleichung für ein Element wie folgt in Matrixschreibweise ausdrücken.

\boldsymbol{K}_{\text{w,elem}} \boldsymbol{T}_{\text{elem}} = \boldsymbol{Q}_{\text{elem}}

Hierbei beschreibt KW,elem die Elementwärmeleitfähigkeitsmatrix, die multipliziert mit dem Temperaturvektor Telem, der die gesuchten Knotentemperaturen enthält, den Wärmestromvektor Qelem ergibt. Mit Hilfe dieser Matrixgleichung lassen sich die gesuchten Knotentemperaturen analog zu den Verschiebungen in der Mechanik berechnen. Ebenso gilt auch bei der thermischen FEA, dass sich die Elementwärmeleitungsmatrizen durch Superposition zur Gesamtwärmeleitungsmatrix zusammenfügen lassen. Auf diese Weise erhält man auch das Temperaturfeld für das gesamte Bauteil.

Allerdings stellt sich immer noch die Frage, wie man nun diese thermische Analyse mit der statisch-mechanischen Analyse kombiniert, um neben den mechanisch erzeugten Verschiebungen auch noch die thermischen Beanspruchungen zu berücksichtigen.

In einem ersten Schritt wird dafür die thermische Dehnung benötigt. Diese ergibt sich aus dem Temperaturgradienten und dem Wärmeausdehnungskoeffizient α:

\epsilon_{\text{therm}} = \alpha \cdot \Delta T

Aus der Festigkeitsanalyse kenne wir bereits den Zusammenhang zwischen Dehnung ε und Verschiebung u, der seine Gültigkeit im Thermischen behält:

\epsilon_{\text{therm}} = \boldsymbol{B} \cdot u_{\text{therm}}

B symbolisiert die Verzerrungs-Verschiebungs-Transformationsmatrix. Mit Hilfe des Hooke´schen Gesetz werden diese in thermische Kräfte  umgerechnet, die wiederum als mechanische Randbedingungen aufgegeben werden können.

Zur Verdeutlichung soll ein einfaches Finites Element, ein 2D Stab mit zwei Knoten betrachtet werden: Dem Element sei ein beliebiger Werkstoff mit einer Wärmeleitfähigkeit und einem Wärmeausdehnungskoeffizienten zugewiesen. Dem Knoten 1 und dem Knoten 2 werden zwei unterschiedliche Temperaturen vorgegeben, wobei gilt, dass T1 an Knoten 1 ist größer als T2 an Knoten 2. Aufgrund des Temperaturgradienten wird sich die Länge des Stabes verändern, er dehnt sich aus. Über den oben dargestellten Zusammenhang lässt sich aus der Dehnung des Stabes eine Verschiebung der Knoten berechnen. Durch geschicktes Einsetzen und Umformen lassen sich über das Hooke´schen Gesetz aus den berechneten Verschiebungen nun Kräfte bestimmten. Diese Kräfte haben die Eigenschaft, dass sie das unverformte, mit keiner Temperatur belastete, Finite Element –  hier den 2D Stab –  genauso verformen, wie es der Temperaturgradient zwischen den beiden Knoten bedingt. Man hat also eine mechanische Ersatzlast berechnet. Die Aufgabe von Kräften als mechanische Randbedingung und deren Einbau ins Gleichungssystem ist bekannt. Das heißt, um thermo-mechanische Simulationen durchführen zu können, sind zwei Analysen notwendig. In der ersten wird das Temperaturfeld bestimmt und die daraus resultierenden Kräfte auf jedes Element. Im zweiten Schritt dann werden diese Kräfte dann zusammen mit den mechanischen Randbedingungen auf das Bauteil aufgegeben und erneut ein Rechenlauf gestartet. Man erhält die thermo-mechanischen Verformungen und Spannungen. Nachstehende Abbildung fasst den Ablauf zusammen.

Abbildung 1: Schema einer thermo-mechanischen FEA

Dieser Prozess lässt sich automatisieren, sodass der Benutzer in der Regel nur Randbedingungen aufgeben muss und das Programm erkennt selbstständig, ob es sich dabei um rein mechanische bzw. thermische oder um eine Kombination handelt. Demnächst werden wir euch an einem Beispiel vorstellen, wie das ganze praktisch in Z88Aurora umgesetzt ist.

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