Nicht immer lässt sich das Deformationsverhalten in der Finite Elemente Analyse adäquat durch lineare Elastizität abbilden. Besonders bei Materialien mit stark nichtlinearem Dehnungsverhalten wie Elastomeren, biologischem Gewebe oder Schäumen versagt das linear-elastische Materialmodell, da es deren komplexes mechanisches Verhalten nicht realistisch erfasst. In solchen Fällen kommen hyperelastische Materialmodelle zum Einsatz, die in der Lage sind, große Verformungen und nichtlineare Spannungs-Dehnungs-Beziehungen präzise zu beschreiben. Diese Modelle basieren auf energieerhaltenden Ansätzen und ermöglichen eine realitätsnahe Simulation von Materialien, die auch bei sehr großen Dehnungen elastische Rückstellkräfte zeigen [1]. Diese können im Bereich von mehreren 100 Prozent technischer Dehnung liegen. Abbildung 1 stellt das linear-elastische und nichtlinear-elastische Materialverhalten gegenüber.
Typisch für hyperelastisches Materialverhalten ist die Eindeutigkeit der Spannungs-Dehnungs-Relation[1]:
Das Spektrum umfasst sowohl isotropes als auch anisotropes Materialverhalten, wie es beispielsweise bei faserverstärkten Werkstoffen auftritt, sowie Materialeigenschaften, die von (quasi-)inkompressibel bis stark kompressibel reichen. Kompressibilität beschreibt die Fähigkeit eines Materials, sein Volumen unter Druck zu verändern [2]. In der Finite Elemente Analyse ist dies besonders relevant, da viele Materialien unterschiedliche Grade an Volumenänderungen während der Deformation zeigen.
Um dem stark von der Belastungsmode abhängigen nichtlinear-elastischen Material-verhalten gerecht zu werden, wird sein Verhalten üblicherweise für unterschiedliche Belastungszustände charakterisiert [3]. Typische Prüfversuche stellen dabei der uni-axiale, der äquibiaxiale und der planare Zugversuch dar, wie Abbildung 2 veranschaulicht.
Zur Beschreibung des hyperelastischen Materialverhaltens wird die sog. Verzerrungsenergiedichte Ψ definiert, welche ein skalares Potential darstellt [5]:
Dabei stellt S 2. Piola-Kirchhoff-Spannung dar, E repräsentiert die Lagrangesche Dehnung. Die beiden Größen sind zueinander arbeitskonjugiert und können daher durch eine energetische Beziehung miteinander verknüpft werden [5]. Durch einmalige Ableitung des elastischen Potentials nach der Dehnung lässt sich die Spannung finden [5]:
und durch zweimaliges Ableiten nach der Dehnung die Materialmatrix [5]
Das elastische Verhalten lässt sich also allein durch die Angabe des skalaren Potenzials eindeutig definieren. Für die Verzerrungsenergiedichtefunktion gibt es unterschiedliche Ansätze, welche entweder auf den Hauptstreckungen
oder den Verzerrungsinvarianten = 1,…3 basieren, welche aus den Hauptstreckungen bestimmt werden und die Spur, die Kofaktor-Spur und die Determinante des rechten Cauchy-Greenschen Strecktensors darstellen [5]. So beruhen die Invarianten-basierten Modelle auf folgendem Ansatz [3]:
Für die Ordnung N=1 ergibt sich das MOONEY-RIVLIN-Model, für N=1 erhält man das YEOH-Modell. Für den Sonderfall N=1 und j=0 resultiert das NEO-HOOKE-Modell, das eine spezielle Form des MOONEY-RIVLIN-Modells darstellt [3]. Es bietet eine plausible Erweiterung des Hookeschen Stoffgesetzes auf kompressible Elastomere und bleibt auch bei großen Dehnungen anwendbar [6].
Um die Materialparameter hyperelastischer Modelle zu identifizieren, ist eine Ausgleichsrechnung erforderlich, die je nach Komplexität und Ordnung des Modells entweder linear oder nichtlinear sein kann. In der Regel wird das Verfahren verwendet, um Modellparameter an experimentelle Materialdaten aus mindestens einem der standardisierten Prüfversuche – uniaxial, äquibiaxial oder planar – anzupassen [7], [8].
Im Fall nichtlinearer Modelle wird häufig das Levenberg-Marquardt-Verfahren eingesetzt, das eine Kombination aus dem Gradientenverfahren und der Gauß-Newton-Methode darstellt. Es minimiert die Summe der quadratischen Abweichungen zwischen den gemessenen Spannungen und den modellierten Spannungen , indem es den Parametersatz p iterativ anpasst [9]:
.
Dabei stellt r das Residuum dar, J die JACOBI-Matrix der partiellen Ableitungen nach den Parametern p. ist ein Dämpfungsparameter, der adaptiv angepasst wird, um eine stabile und schnelle Konvergenz zu erreichen, wobei sich das Verfahren je nach Parameterwert entweder einem Gradienten- oder einem GAUSS-NEWTON-Verfahren annähert.
Die Verwendung aller drei Versuchsarten verbessert die Parameteridentifikation erheblich, da verschiedene Spannungs-Dehnungs-Zustände erfasst werden und das Modell umfassend kalibriert werden kann. In der Praxis stehen häufig nur uniaxiale Zugdaten zur Verfügung [7]. Wenn jedoch im späteren Einsatz zusätzliche Lastfälle wie äquibiaxiale oder planare Belastungen auftreten, muss ein Materialmodell gewählt werden, das trotz dieser eingeschränkten Datengrundlage zuverlässige Vorhersagen für verschiedene Belastungszustände ermöglicht [10].
Da beispielsweise für das NEO-HOOKE-Modell die Bedingung für einen Parameter .
.
erfüllt ist, kann hierfür eine lineare Ausgleichsrechnung angewendet werden. Abbildung 3 zeigt den Fit des Modells an alle drei Versuchsdatensätze eines vulkanisierten Kautschuks [10]:
Abbildung 4 zeigt das Ergebnis für Yeoh [10]:
Abbildung 5 zeigt das Ergebnis für das hier nicht angesprochene, hauptstreckungsbasierte Ogden-Modell mit der Ordnung N=3 [10]. Hierbei muss eine nichtlineare Ausgleichungsrechnung erfolgen, da Bedingung (8) nicht erfüllt ist.