Das Enthinterschneidungsfeature in Z88Arion® V3

Was sind Hinterschneidungen?

Hinterschneidungen sind Konstruktionselemente, die frei am Bauteil hervorstehen und verhindern können, dass diese aus einer Gussform entformt werden können. Hierbei wurde aus „Entformung“ und „Hinterschneidung“ der Neologismus „Enthinterschneidung“ gebildet. Allgemein sind Hinterschneidungen Entformungskonflikte in Form von hervorstehenden Bereichen. Bei der Entformung eines Gussteils mit Hinterschneidungen, sorgen diese möglicherweise dafür, dass es an der Form hängen bleibt und nicht entfernt werden kann.

Es gibt zwei Arten von Entformungskonflikten von Gussteilen: Hinterschneidungen und Vakuumbildung. Beides lässt sich meist vermeiden, indem das Bauteil so gestaltet wird, dass dieses unter einem gewissen Winkel in einer vorgegebenen Entformungsrichtung aus der Form entnommen werden kann.

Definition von Hinterschneidungen in Z88Arion®

Im linken Bild der untenstehenden Abbildung kann das linke Bauteil demnach entnommen werden, da w kleiner als der Winkel der Entformungsschräge ist. Rechts ist eine Entformung nicht möglich, da w größer als der Winkel der Entformungsschräge ist. Durch die neue Funktionalität in Z88Arion® V3 werden Hinterschneidungen abgebaut, also „enthinterschnitten“.

Abbildung 1: Entformung unter vorgegebenen Entformungswinkel w

Zur Konstruktion eines solchen Bauteils werden vorab die Mengen potentieller Entformungskonflikte in positiver und negativer Entformungsrichtung definiert. Auf diese Weise wird eine geteilte Gussform angenommen, aus der das Bauteil später entnommen werden soll. Dieser Prozess kann wie folgt dargestellt werden:

 

Abbildung 2: Entformung unter vorgegebenen Entformungswinkel w

a) Kompletter Bauraum: Die hellgrauen Flächen sind als Fixsets definiert.

b) Die Konfliktmengen werden als Kegel abgebildet (positive Entformungsrichtung blau, negative Entformungsrichtung gelb).

c) Zusätzliche Kegel.

d) Die Schnittmenge, die das Bauteil repräsentiert.

e) Hinterschneidungsfreies Bauteil (hellgrau) und Form (dunkelgrau).

f) Entformungsvorgang.

Auf das Enthinterschneidungsfeature in Z88Arion® V3 kann über den Präprozessor zugegriffen werden:

 

 Abbildung 3: Das Enthinterschneidungsfeature in der GUI von Z88Arion®

 

Die Regelung des Enthinterschneidungsfeature erfolgt über die Definition einer Enthinterschneidungsstufe und –rate, sowie eine Angabe der Entformungsrichtung. Der Toleranzwinkel und die Toleranzstrecken dienen dabei hauptsächlich der numerischen Stabilität und sollten auf den Standardwerten belassen werden. Für die Enthinterschneidungsstufe stehen die Werte 0, 1 und 2 zur Verfügung, dabei bedeutet 0 gar keine Enthinterschneidung. Der Entformungswinkel kann frei gewählt werden, es ist zu beachten, dass das Problem für große Entformungswinkel numerisch instabil werden kann. Der Einfluss des Entformungswinkels auf das Ergebnis ist in Abbildung 4 dargestellt.

 

Abbildung 4: Einfluss des Entformungswinkels

 

Die Enthinterschneidungsrate bestimmt die Gewichtung zwischen Entformungskonflikt und Optimierung. Empirische Versuche haben gezeigt, dass sich hinterschneidungsfreie Bauteile erst ab einer Enthinterschneidungsrate von 0.7 ergeben. Die Entformungsrichtung wird als resultierender Vektor der drei Raumrichtungen beschrieben. Der Einfluss des Enthinterschneidungsfeature auf das Optimierungsergebnis ist abschließend in Abbildung 5 veranschaulicht. Es ist gut zu erkennen, dass die dünnen Streben, die nur unter sehr hohem Aufwand gefertigt werden können, vermieden werden und somit ein Designvorschlag entsteht, der deutlich näher am finalen Produkt liegt.

 

Abbildung 5: Einfluss der Enthinterschneidung auf das Optimierungsergebnis

 

 

Comments are closed.