Seit Anfang 2015 wird am Lehrstuhl für Konstruktionslehre und CAD der Universität Bayreuth in Anlehnung an den Morgan Threewheeler ein dreirädriges Versuchsfahrzeug entwickelt (s. Bild 1). Motor, Antriebsstrang und Hinterradschwinge werden aus einem demontierten Motorrad übernommen und angepasst. Ziel ist die Straßenzulassung 2018 bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 750 kg [1].
Einer der Kernpunkte ist die Konstruktion des Gitterrohrrahmens, der u. a. mithilfe der Finite-Elemente-Analyse in Z88Aurora® ausgelegt wurde. Dazu wurden unterschiedliche Rahmenstrukturen simuliert.
In Bild 2 ist der Gitterrohrrahmen des dreirädrigen Freizeitfahrzeugs gezeigt, welcher vereinfacht als räumliches Balkenfachwerk berechnet wird. Eine Finite-Elemente-Struktur aus Kontinuumselementen würde Gesamtverformungsergebnisse mit ähnlicher Genauigkeit liefern, bei jedoch erhöhten Anforderungen an Rechenleistung und Speicher [2].
In Z88Aurora® sind sogenannte 3D-Strukturelemente (z. B. Balken Nr. 2, bzw. Nr. 25) nach dem Ansatz des Euler-Bernoulli-Balkens für eine genaue Berechnung der Biegung sehr gut geeignet. Die Elemente sind im Rahmen der Bernoulli-Biegetheorie bzw. des Hooke‘schen Gesetzes exakt. Es wird folglich die analytische Näherungslösung und nicht die numerische wie bei den Kontinuumselementen ermittelt. Das knotenbasierte Modell des Fahrzeugrahmens ist in Bild 3 dargestellt. Nach Festlegung der Koordinaten für die Knoten können diese anschließend über Strukturelemente über den Button „Elemente erstellen“ im Präprozessor von Z88Aurora® verknüpft werden.
Sobald das Balkenfachwerk komplett generiert ist, werden die Elementparameter, d. h. das Profil der einzelnen Balkenelemente festgelegt. Wie in Bild 4 erkennbar ist, sind für die Elemente individuell unterschiedliche Geometrien wählbar.
Durch Eingabe der erforderlichen Durchmesser (bzw. Abmessungen des Profils) werden anschließend die für die FE-Berechnung nötigen Elementparameter automatisch berechnet:
Eine „worst-case“ Krafteinwirkung, die sich im ungünstigsten Betriebsfall ereignen könnte, wird bei der Auslegung auf Belastung durch einen Frontalzusammenstoß bei 50 km/h simuliert. Die dabei beanspruchten Knoten sind zusammen mit den Festhaltungen Bild 5 zu entnehmen.
Es wird angenommen, dass der Rahmen einen Deformations- bzw. Beschleunigungsweg aufnimmt [3]. Daraus resultiert die konstant auf die Konstruktion wirkende mittlere Beschleunigungskraft:
An den vier Angriffsknoten werden Balkenelemente mit höherer Querschnittsfläche (und damit höherer Steifigkeit) im Vergleich zu den anderen verbauten Rohren gekoppelt und es wird jeweils ein Viertel der Kraft auf jeden dieser Knoten aufgegeben [3].
Nach einer erfolgreichen Berechnung des Lastfalls Crash Frontal können in der Benutzeroberfläche von Z88Aurora® V4 die Verschiebungen der Konstruktion in Farbe und vergrößerter Skalierung angesehen werden (siehe Bild 6). Die Vergleichsspannungen werden jedoch nicht dargestellt, da über Strukturelemente keine realistischen Spannungen an den Kerb- und Schweißstellen berechnet werden können. Über Volumenelemente oder axialsymmetrische Elemente können beispielsweise benötigte Formzahlen oder evtl. Kerbwirkungszahlen an Wellenabsätzen berechnet werden. In der Ausgabedatei z88o3.txt befinden sich die Zug bzw. Druck- und Schubspannungen der Elemente, sowie auch die Biegespannungen und
an den Elementknoten. Aus diesen Spannungskomponenten wird anschließend über die Gestaltänderungsenergiehypothese die maximale Vergleichsspannung ermittelt, welche die kritischen Grenzspannungen der Knickung bzw. der Zugbelastung (Streckgrenze) nicht überschreiten darf.
Über mehrere Iterationsschleifen wird über die so berechneten Vergleichsspannungen für ausgewählte Bereiche eine Optimierung der Geometrieparameter Rohrwandstärke und -durchmesser erzielt. Das bedeutet, dass die Parameter für weniger beanspruchte Balkenelemente reduziert und in Regionen erhöhter Spannungen ausreichend groß dimensioniert werden. Parallel erfolgt die Verbesserung der Grundstruktur durch Einbringen von Streben in Belastungsrichtung unter Beachtung der Triangulierung (Erzeugung von Dreiecken) sowie eine Reduzierung der freien Knicklänge bei kritischen Elementen.
Analog zur Belastung „Crash Frontal“ werden außerdem noch weitere Lastfälle untersucht:
Das endgültige Strukturmodell aus Bild 7 stellt einen Kompromiss aus geringem Fertigungsaufwand, Gewicht und hoher Torsionssteifigkeit dar [1].
[2] F. Rieg, R. Hackenschmidt, B. Alber-Laukant, „Finite Elemente Analyse für Ingenieure“, 5. Auflage, Bayreuth, 2014.
[3] S. Struchtrup, F. Winkler, A. Horn, „Festigkeitsanalyse und Fertigung des Rahmens eines dreirädrigen Versuchsfahrzeuges“, Teamprojektarbeit, Bayreuth, 2017.