Automatisierte Simulation von Sandwichbauteilen mit Z88Aurora®

Durch das enorme Potenzial von Sandwichbauteilen im Leichtbau nimmt das Interesse der Industrie und Technik an der Sandwichbauweise stetig zu. Bisher sind typische Anwendungsbereiche beispielsweise die Fahrzeug-, Energie- und Gebäudetechnik. Mit weiter steigenden Innovationen im Bereich der 3D-Drucktechnik kann jedoch davon ausgegangen werden, dass zusätzliche Anwendungsfelder in naher Zukunft hinzukommen werden.

Nachdem eine Fülle an Kombinationsmöglichkeiten aus z. B. Schaum- und Faserverbundwerkstoffen für Deck- und Kernschichten existiert und je nach Anwendungsfall der Auslegungsaufwand steigt, spielt die Simulation eine zunehmend bedeutendere Rolle. Im Rahmen des Projekts „Easy Sandwich Struktur Berechner -ESSBe“ wurde aus diesem Grund ein kompaktes und benutzerfreundliches Softwaretool auf Basis von Z88Aurora® entwickelt. Es ist möglich, die standardmäßige Modellierung und anschließende Vernetzung von CAD-Bauteilen wie gewohnt durchzuführen oder die neue grafische Benutzeroberfläche zu nutzen. Dabei können die FE-Modelle eines 3-/4-Punktbiegeversuchs nach ASTM C393 / DIN 53293 (vgl. Abbildung 1) bequem über die grafische Benutzeroberfläche (GUI) definiert und so direkt ein bereits vernetztes Modell in Aurora automatisiert erzeugt werden.

Abbildung 1: 3-/4-Punktbiegeversuch

 

Im Folgenden werden der integrierte „Sandwich Modeler“ am Beispiel eines Dreipunktbiegeversuchs präsentiert und dessen Erstellung über die GUI erläutert.

Sandwich Modeler

Für die Erstellung von FE-Modellen von Standard-Sandwichbauteilen können Sie in Z88Aurora® V6 das Untermenü „Sandwich“ auswählen. Durch einen anschließenden Klick mit der linken Maustaste auf den „Präprozessor“ zeigt ein nun nicht mehr ausgegrautes Menü: den „Sandwich Modeler“. Eine Bebilderung der Klickanleitung ist in Abbildung 2 zu sehen.

Abbildung 2: Klickanleitung zum Aufruf des „Sandwich Modeler“

Das Menü des „Sandwich Modeler“ (vgl. Abbildung 3) erlaubt die Einstellung mehrerer Grundinformationen. Diese Grundinformationen sind in die Bereiche Randbedingungen, Abmessungen, Vernetzung und Schichtaufbau unterteilt.

Abbildung 3: Das „Sandwich Modeler“-Menü im Überblick

Im Teilbereich Randbedingungen wird festgelegt, ob ein Drei- oder Vierpunktbiegeversuch nach Norm erstellt werden soll oder ein Aufbau, dessen maximale Verschiebung festgelegt wird.

Im Bereich Abmessungen können die Länge (bei einem Vierpunktbiegeversuch irrelevant), Breite, ein Überhangsfaktor beim Dreipunktbiegeversuch, der angibt, wie weit das Sandwich über das Auflager hinausragt und in Vielfachen der Sandwichhöhe angegeben wird, festgelegt werden. Auch die Definition eines Offsets des Stempels und Auflagers beim Vierpunktbiegeversuch ist möglich. Bei Letzterem gilt ein positiver Wert als eine Verschiebung nach außen und ein negativer Wert als eine Verschiebung nach innen. Allerdings ist ein zu großer Offset-Wert mit der Gefahr ungewollter Netzverzerrung verbunden.

Bei der Vernetzung werden die grundlegenden Einstellungen für das zu erzeugende FE-Netz eingestellt. Dabei gibt die Elementanzahl pro Höhe relativ zur Sandwichdicke an, wie viele Hexaeder-Elemente erzeugt werden sollen. Aus dieser Information kann implizit die Elementanzahl abgeleitet werden. Wie viele Elemente pro Deckschicht-Layer erzeugt werden sollen, wird durch die Elementanzahl pro Layer festgelegt. Bei einer Deckschicht mit Multi-Layer Elementansatz erfolgt auf diese Weise die Angabe, wie viele Hexaeder insgesamt über Deckschichtdicke verwendet werden sollen. Mit dem Auflager Verfeinerungsfaktor gibt den Faktor an, um den die Elementfeinheit im Bereich der Auflager und Stempel verfeinert wird. Sollte unter Randbedingungen „Keine“ gewählt werden, ist der Verfeinerungsfaktor ohne Belang. Die Elementordnung gibt wie gewohnt an, ob lineare oder quadratische Hexaeder genutzt werden sollen. Werden Häkchen bei „Einzelbauteile“ oder „Detaillierte Randbedingungen“ gesetzt, so werden einzelne Bauteile erstellt oder modellierte Auflager und Stempel Bauteile eingefügt. Werden diese Einstellungen benutzt, kann die Definition der Kontakteinstellungen wie gewohnt durchgeführt werden. Wird kein Häkchen bei einer der genannten Optionen gesetzt, sind entsprechende Kontaktspannungen und ggf. Versagenskriterien der Klebverbindung nicht auswertbar. Allerdings kann so eine bessere Konvergenz sowie ein geringerer Berechnungsaufwand des Modells erzielt werden.

Im Bereich des Schichtaufbaus können sowohl das Material als auch das Materialgesetz direkt anhand bereits vorhandener Materialien der Datenbank ausgewählt werden. Für den „Sandwich Modeler“ können insgesamt sechs unterschiedliche Materialmodelle verwendet werden. Dabei kann direkt zwischen der Materialklasse unterschieden werden. Für ein linear elastisches Material kann entweder das Materialmodell Hooke (St. Venant) oder Hencky genutzt werden. Liegt ein elastisch-plastisches Materialverhalten (z. B. bei Metallen) vor, so ist das Materialmodell von Mises die korrekte Wahl. Die bereits genannten Materialmodelle werden typischerweise für die Beschreibung der Deckschicht verwendet. Dem entgegen steht die Kernschicht aus geschäumten Kunststoffen wie PU oder PVC, die die Materialgesetze Simplefoam und Hyperfoam benutzt werden. Detailliertere Informationen zu den angesprochenen Materialmodellen finden Sie in unserem Theoriehandbuch ab Seite 153. Für die Modellierung mehrlagiger Faserverbundschichten muss vorab ein geschichtetes Material in der Materialdatenbank angelegt werden. Voreingestellte Materialien der Schichten können ebenfalls wie gewohnt unter Präprozessor → Material: Datenbank geändert werden. Hier ist auch eine Anpassung der Materialorientierung möglich. Eine Beispielhafte Materialorientierung und deren Eintrag in die Materialdatei finden Sie im Theoriehandbuch auf Seite 40. Weiterhin kann angegeben werden, ob ein Multi-Layer Material vorliegt und ob dessen Schichtung gespiegelt werden soll. Sollte ein nicht mehrlagiges Material zugewiesen werden, so sind die beiden Häkchen bei Multi-Layer und Spiegeln irrelevant.

Beispielmodellierung eines Dreipunktbiegeversuchs

Um die obigen Informationen besser zu veranschaulichen, wird im Folgenden ein kleines Beispiel vorgestellt. Dabei handelt es sich um einen Dreipunktbiegeversuch mit diesen geometrischen Eckdaten:

Abbildung 4: Geometrische Abmessungen eines Dreipunktbiegeversuchs

Für das präsentierte Beispiel wird zwar kein Geschichtetes Material verwendet, es aber sehr wohl zwischen dem Material der Deckschichten und der Kernschicht unterschieden. Die notwendigen Daten für deren Definition in Z88Aurora® entnehmen können Abbildung 5 entnommen werden.

Abbildung 5: Materialdaten der Deck- und Kernschicht

Das Anlegen des Materials kann mit wenigen Klicks direkt in Z88Aurora® erfolgen. Abbildung 6 soll unterstützend die einzelnen Schritte symbolisieren. Hier wird auch jeweils das entsprechende Versagenskriterium für das Material mit angegeben.

Abbildung 6: Hinzufügen eines nicht geschichteten Materials in Z88Aurora®

Sobald die benötigten Materialien definiert wurden, kann direkt in das „Sandwich Modeler“-Menü gewechselt werden. Nach dem Eintragen der genannten Informationen wird zum einen das Sandwich aus Einzelbauteilen und mit detaillierten Randbedingungen erzeugt. Sobald alles korrekt übertragen wurde, sollte die in Abbildung 7 gezeigte Maske zu sehen sein. Eine beispielhafte Vernetzung der einzelnen Schichten kann dieser ebenfalls entnommen werden.

Abbildung 7: Ausgefüllte Maske des „Sandwich Modeler“

Durch das Bestätigen mit Klick auf „OK“ wird das bereits in Abbildung 4 gezeigte Modell eines Dreipunktbiegeversuches automatisch erstellt. Mithilfe des „Sandwich Modeler“ werden zeitgleich entsprechende Sets und Randbedingungen für die Kraftaufgabe in Z88Aurora® angelegt. Abschließend gilt es lediglich die Solvereinstellungen (vgl. Abbildung 8) festzulegen. Danach kann auch schon gerechnet werden.

Abbildung 8: Solvereinstellungen für die Berechnung

Ist die Simulation abgeschlossen, beginnt der interessanteste Teil der Aufgabe: die Auswertung / das Postprocessing.

Für Sandwichbauteile sind besonders das Versagen der einzelnen Schichten oder auch der Kontaktdruck und -schub von Interesse, da diese auch Rückschlüsse auf die Klebeverbindung zwischen den Schichten ermöglichen. Die Ergebnisse unserer Beispielsimulation zu den genannten Punkten sind in Abbildung 9 dargestellt.

 

Abbildung 9: Simulationsergebnisse des Dreipunktbiegeversuchs

Die Berechnungsergebnisse können auch über eine besonders zugeschnittenen „ESSBe Bericht“ als HTML-Datei ausgeschrieben werden. Dieser enthält auch die Eingabedaten für den gesamten Modellaufbau und wird im aktuellen Projektverzeichnis abgespeichert (vgl. Abbildung 10).

 

Abbildung 10: Der ESSBe Bericht

 

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